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Agnostiker
glauben auf eigene Rechnung.

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Fundamentalismus.
Die Kellerdecke als Himmelszelt.

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Ob der vierblättrige
dem gemeinen Klee Glück bringt?
Die Sense müsste es wissen.

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Wer einem Lehrer kritisch
ins Haus schaut, war noch nicht
beim Pfarrer zu Gast.

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Den neuen Museen fehlt am Eingang
nur das Weihwasserbecken.

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Im Alter hat nur das Bestand,
was vor dem Kind, das man war,

bestanden hätte.

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Die Gedanken sind frei.
Aber man kann sie jederzeit

wieder einsperren.

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Fragen, die sich stellen,
muss man nur noch festnehmen.

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Ein Paar, das alles voneinander weiß,
ist in der Regel geschieden.

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Manchem hat man nur
sein Wort gegeben - und bekommt
einen Wortschwall von ihm zurück.

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Urteilsbegründungen sollten
handschriftlich ausgefertigt werden.
Damit man hinterher einen Graphologen
als unabhängigen Sachverständigen

beiziehen kann.

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Besonders ärgerlich sind
schlechte Bücher mit korrekter
Grammatik und Rechtschreibung.

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Bischöfe bekleiden ein Hochamt.

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Vor dem Schönreden
ist das Schöndenken.

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Der erste Eindruck
täuscht selten. Den zweiten.

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Auch wer öffentlich beichtet,
bricht das Beichtgeheimnis.

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Er bekannte seine Schuld als übergroß.
Quasi als Unschuld.

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Vor ihrer Ehe hatten sie
alle möglichen Probleme. Jetzt haben
sie nur noch Eheprobleme.

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Ich lasse mich gern
von einem Buch gefangennehmen,
bleibt am Ende der Ausgang offen.

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Alte Folterer-Weisheit:
Wer schreit, hat Unrecht!

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Volltreffer! - Er hat sich
in sich selbst versenkt.

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Der blaue Planet
mit den blauen Flecken.

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Auge um Auge, Zahn um Zahn,
Umwelt um Umwelt.

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Den Streit zwischen Ei und Henne
sollte man den Küken überlassen.

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Was sind schon zwei Brüste!
mokiert sich die Theologie.
Gegen zwei Seelen in einer?

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Manchem gerät sein Glaube
zu einer besonderen Form

der Undankbarkeit.

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Sie können einander nicht
das Taufwasser reichen.

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Die Verlässlichkeit heute
ist eine allgemeine.
Jeder verlässt jeden.

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Satiriker. Spitzen-Leute.

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In einer Umgebung,
um die niemand mehr etwas gibt.

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Manchmal begegnen uns Tränen,
von denen wir glaubten, wir hätten

sie längst aus den Augen verloren.

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Jeder hat das Zeug zum Komiker.
Wenn er nur ernsthaft wiederholt,
wobei er sich gedankenlos ertappt hat.

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Souverän erscheint einzig
der Kompass. Er zeigt auch
die Richtungen, in die er nicht weist.

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Definitiver Alptraum.
In einem Himmel selig sein

zu sollen - in Kenntnis einer Hölle.

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Die Krone der Schöpfung.
Auf wessen Haupt?

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Aphoristiker.
Zwischenrufer in der Wüste.

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Unter den Betroffenen
herrschen die Empörtkömmlinge.

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Es gibt schon noch Bretter
vor den Köpfen.
Aber keine mehr aus Tropenholz.

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Auf dem Psychomarkt herrscht
ein harter Verdrängungs-Wettbewerb.

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Er hat kürzlich einen kleinen Kredit
aufgenommen. Er will demnächst

einen Witz auf eigene Kosten machen.

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Seit ich mich selbst verwirklicht habe,
bin ich völlig fertig.

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Zur Umkehr fehlt manchem
nur die Einsicht. In seine Akte.

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Auch Selbstgespräche
sollten höflich geführt werden.

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Jede Wolke kann die Sonne verbergen.
Aber keine ihr Licht.

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Die den Hass nicht zulassen,
sind gewöhnlich Meister der Verachtung.

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Der Unterhalter macht Witze,
worüber er lachen,
der Satiriker, worüber er weinen muss.

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Gedanken, die einem tagsüber
ausgehen, kehren abends
mit etwas Farbe zurück.

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Wenn Eltern und Kinder
von einem Tisch aufstehen,
sind beide satt von Ermahnungen.

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Der Weg ist das Ziel, wissen die,
die ihren verloren haben.

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An der frischen Luft
verliert sich jeder Stallgeruch.

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Am meisten beschäftigen uns die,
mit denen wir fertig sind.

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Den Schatten, der auf einem liegt,
wirft man nicht selber.

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Die Aufforderung sich zu ändern,
befolgen stets die, von denen man
wünschte, sie täten das nicht.

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Er begreift sein Leben als ein Geschenk,
hat es aber noch nicht ausgepackt.

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Wer in einer Menge badet,
macht viele andere schmutzig

*

Die Französische Revolution.
Ein anerkanntes Fallbei(l)spiel.

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Bettgenosse.
Einer, der immer daneben liegt.

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Auch der höchste Baum
wirft seine Früchte auf die Erde.
Und nicht in den Himmel.

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Wer das Sagen hat,
braucht für den Spott nicht zu sorgen.

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Auschwitz wird nie vergessen werden:
Alle Nazis werden es auf ewig leugnen.
Oder sich für immer dazu bekennen.

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An einem falschen Ort
kann man nichts Richtiges sagen.

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Aus Schaden wird man klug,
sagt der Dumme. Und richtet ihn an.

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Je leichter der Abschied,
desto wortreicher.

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Nur Weniges,
und aus Achtung wird Ächtung.

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Wenn Traditionen daniederliegen,
müssen sie gepflegt werden.

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Ein kleineres Übel, das rasch genug
wächst, ist bald ein größeres.

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Er fühlte so pazifistisch,
dass er es sogar ablehnte,
eine Fremdsprache zu beherrschen.

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Man kann viel aus der Geschichte lernen.
Aber offenkundig nicht alles behalten.

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Henker sind privat ganz anders.

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Der Wahrheit wird gerne
die Ehre gegeben.
Aber ungern die Macht.

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Man gewinnt nichts,
wenn der andere alles verliert.

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Festversammlungen
sind konspirative Treffen
unter Einschluss der Öffentlichkeit.

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Jede neue Generation tut gerade so,
als habe sie die Erde rund getreten.

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Ein Edelstein ist nicht weniger wert,
wenn er seine Fassung verliert.

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Am heftigsten bejammert wird das,
dessen man sich nicht
zur rechten Zeit erfreut hat.

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Wenn Gedanken im Kreis gehen,
kommt es auf den Radius an.

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Der Baum fällt in die Richtung,
in die er neigt.

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Unausgegorenes
berauscht am schnellsten.

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Nichts zähmt besser als Füttern.

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Er führt jeden Gedanken aus.
An der Leine seiner Überzeugung.

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Besser eine Religion mit vielen Göttern
als viele Religionen mit einem.
Im ersten Fall bekämpfen sich
die Götter im Himmel. Im zweiten
die Menschen auf Erden.

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Kaum spricht man eine Wahrheit aus,
und schon ist sie weg.

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Es mag Menschen geben, die ihr Leben
als Dasein empfinden. Mir erscheint
meines von klein auf eher als Dortsein.

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Meine abgelegten Hosen,
Hemden, Bekenntnisse…

*

 

 

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Rechne auch mit denen,
auf die du nicht zählen kannst.

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Satiriker! Auch aus Brennesseln
wird Suppe gemacht.

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Die Sterne sind die Friedhöfe
der Menschheit: Auf jedem ruhen
Milliarden von Blicken.

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Ein Übel, dem wir nur
beikommen wollten - wie schnell
haben wir ihm beigewohnt.

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Was er sagt, entspricht der Wahrheit.
Unklar ist nur, in welchem Maßstab.

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Messen heißt genau relativieren.

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Die seltsame - und auch ergreifende -
Vorstellung, dass man nach dem
irdischen Leben noch Kraft
für ein ewiges hätte.

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Liebe Gewohnheiten
sind selten willkommen.

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Dichter schreiben ins Reine.
Aphoristiker ins Unreine.

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"Kleine Weisheiten" sind immer niedlich.
Aber selten schon stubenrein.

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Er hat etwas auf seine Fahne
geschrieben. Was man am besten
wird lesen können, wenn er sie
wieder vom Mast holt.

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Es gibt keine kompletten Idioten.
Zwei, drei Albernheiten fehlen jedem.

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Die Kehrseite einer Medaille ist jene,
auf die man nicht gesetzt hat.

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Ein reiner Mensch macht
mehr Wäsche schmutzig,
als ein reinlicher waschen kann.

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